Erstmals seit Einführung des heutigen Umsatzsteuersystems (1968) wurden die Steuersätze gesenkt. Für Umsätze nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 gelten ein Regelsteuersatz von 16 % bzw. ein ermäßigter Steuersatz von 5 %.

Für Leistungsempfänger, die ganz (oder überwiegend) umsatzsteuerfreie Heilumsätze erbringen und die daher keine Berechtigung zum sog. Vorsteuerabzug (= Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt) haben, handelt es sich im zweiten Halbjahr 2020 um eine Preisermäßigung, wenn die Verkäufer die Endpreise entsprechend ermäßigen. Das gilt auch für privat getätigte Käufe und bezogene Dienstleistungen.

Für die Anwendung des richtigen Steuersatzes kommt es allein darauf an, wann die Lieferung oder Leistung ausgeführt worden ist. Keine Bedeutung hat, wann der Vertrag geschlossen wurde, die Rechnung erstellt oder die Zahlung geleistet wurde. Eine Lieferung gilt dann als ausgeführt, wenn der Käufer die Verfügungsmacht über den Gegenstand (z. B. Auto, Büromöbel) erlangt hat. Eine Leistung ist dann ausgeführt, wenn sie vollständig erbracht wurde.

Um in den Genuss des befristeten Preisvorteils zu kommen, müssen Bestellungen daher für eine rechtzeitige Lieferung unter Berücksichtigung möglicher Lieferfristen erfolgen. Auch Wartezeiten bei Handwerkern (insbesondere für Bauleistungen) können bei verspätetem Auftrag den Abschluss der Leistung bis spätestens 31.12.2020 verhindern.

Bei vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfängern (z. B. Berater, Trainer und Coaches, soweit sie umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen) und für deren Auftraggeber ist wichtig, dass die Rechnung korrekt erstellt wird.

Auch der zum Vorsteuerabzug berechtigte Rechnungsempfänger ist verpflichtet zu prüfen, ob der Steuersatz zutreffend ist. Wurden z. B. fälschlicherweise 19 % Umsatzsteuer vom Leistungserbringer in Rechnung gestellt, muss er diese auch an das Finanzamt abführen. Der Leistungsempfänger darf trotzdem nur 16 % Vorsteuer geltend machen. Der Rechnungsaussteller kann die Rechnung jedoch berichtigen.

Ausnahmsweise [!] wird (wegen der kurzen Umstellungsfrist) für Leistungen, die im Juli 2020 erbracht wurden und für die noch der alte Steuersatz von 19 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde, vom Finanzamt auch ein 19%iger Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger nicht beanstandet (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30.06.2020).

Wird eine Rechnung erteilt, bevor die Leistung ausgeführt wird, und steht der Zeitpunkt der Leistung bereits fest, sollte die Vorausrechnung den Steuersatz des Leistungszeitpunkts enthalten.

Beispiel:

Eine Trainerin schreibt dem beauftragenden Unternehmen im November 2020 eine Vorausrechnung für ein Seminar, das

  1. a. im Dezember 2020
  2. b. im Januar 2021

durchgeführt werden soll.

Lösung:

  1. a. 16 % Umsatzsteuer
  2. b. 19 % Umsatzsteuer

Wurden im Fall b. zunächst nur 16 % Umsatzsteuer berechnet, muss eine Berichtigung erfolgen.

Im August erfahren Sie, welche Fallstricke bei sog. Teilleistungen zu beachten sind.